Wie setze ich mich im Bewerbungsprozess gegen meine Mitbewerber durch?

Pascal Scheiwiller, Managing Director von Rundstedt

Pascal Scheiwiller, CEO von Rundstedt

Erfolg im Bewerbungsprozess: Das sind die Strategien für den entscheidenden Vorsprung.

Es ist nicht Zufall oder Glück, am Schluss die oder der Auserwählte zu sein. Ob man die gewünschte Stelle bekommt, hängt auch nicht primär von Zufälligkeiten im Vorstellungsgespräch ab. Den Schlüssel zum Erfolg hat man selbst in der Hand. Er besteht aus drei entscheidenden Elementen: 1. die Kunst des gezielten Netzwerkens, 2. sich richtig positionieren und verkaufen und 3. Ehrlichkeit und Authentizität in der Endauswahl.

1. Die Kunst des Netzwerkens

Der Zweck der Netzwerkarbeit besteht darin, im Vorfeld von Interviews und Bewerbungsgesprächen an die entscheidenden Informationen zu gelangen. Dafür reichen eine Websuche und KI nicht aus. Man muss selbst wissen und verstehen, welche Herausforderungen sich einem Unternehmen konkret stellen, welche Ziele es dabei verfolgt und welche Projekte es bereits am Laufen hat. Insiderinformationen von persönlichen Netzwerkkontakten helfen dabei, die wirklich kritischen Punkte («Pain Points») des Unternehmens und dessen Verantwortlichen zu kennen. Mit diesem Wissensvorsprung verschafft an sich den entscheidenden Vorteil in den Gesprächen. Man kann dann selbst die Gespräche entsprechend gestalten und sogar steuern. Zudem ist es möglich, hilfreiche Ideen und Lösungen direkt einfliessen zu lassen. Wissen ist eine Grundvoraussetzung dafür, sich richtig und perfekt positionieren zu können.

2. Sich richtig positionieren und verkaufen

Es ist ein Fehler, zu viel über eigene Erfahrungen zu sprechen. Je mehr davon eine Bewerberin oder ein Bewerber mitbringt, desto mehr spricht sie oder er in der Regel über die eigene Vergangenheit! In der komplexen und dynamischen Welt von heute wollen und können sich Unternehmen nicht mehr den Luxus leisten, Personen mit einer langen Lernkurve einzustellen. Profilabweichungen werden ungern in Kauf genommen («Zero Gap Recruiting») – viel mehr ist der «Plug&Play»-Effekt entscheidend. HR und Linienverantwortliche suchen deshalb nach Kandidatinnen und Kandidaten, die zeigen können, wie sie dem Unternehmen einen unmittelbaren Mehrwert verschaffen und schnell greifbare Ergebnisse erzielen. Es ist also wichtig zu erklären, wie man Projekte führt, Probleme effektiv löst und welche konkreten Lösungen man einbringt. Ein Beispiel: Roger, ein ehemaliger Marketingleiter im Bereich Säuglingsnahrung, bewirbt sich bei einem Unternehmen, das auf Babypflegeprodukte spezialisiert ist. Er hat über sein Netzwerk erfahren, dass das Unternehmen ein Vertrauensproblem bei Eltern hat und deshalb die Umsätze stagnieren. Im Bewerbungsgespräch erzählt er von einer von ihm geleiteten Kampagne für Bio-Babymilch, die vor dem Hintergrund strenger regulatorischer Vorschriften stattfand. Er erklärt, was bei der konkreten Umsetzung entscheidend war. Er schliesst seine Ausführungen mit: «Unsere Kampagne hat sowohl Kundschaft hinzugewonnen als auch die wiederkehrenden Verkäufe erhöht – insgesamt sind die Verkäufe in sechs Monaten um 15 Prozent angestiegen.» Er betont, dass seine Erfahrungen in einem stark regulierten Umfeld auf die für Babypflegeprodukte erforderliche Strenge übertragbar sind. Er demonstriert damit seine Fähigkeit, die Positionierung des Unternehmens als vertrauenswürdige Marke für Babypflege zu stärken. Er zeigt, dass er gut vorbereitet und in der Lage ist, einen unmittelbaren Mehrwert in der aktuellen Situation zu schaffen.

3. Ehrlichkeit und Authentizität in der Endauswahl

Der Schlusspunkt eines Auswahlverfahrens ist in der Regel stark persönlich geprägt. Entweder steht ein Assessment Center oder ein informelles Gespräch mit der oder dem Vorgesetzten an. Manchmal wird sogar ein gemeinsamer Lunch mit dem Team organisiert. Das Ziel des letzten Schritts im Bewerbungsprozess besteht häufig darin, herauszufinden, ob man als Mensch in das Umfeld der Stelle und in die Kultur des Unternehmens passt. Es ist eine Prüfung des Menschen. Entscheidend ist die Authentizität. Es geht darum, nahbar und fassbar zu sein. Wenn man eine Rolle spielt, ist das sofort spürbar. Dazu kommt, dass sowieso spätestens in der Probezeit persönliche Dissonanzen zum Vorschein kommen. Es macht deshalb keinen Sinn, sich nicht natürlich, echt und ehrlich zu verhalten und den involvierten Menschen auf Augenhöhe zu begegnen. Hier darf es nicht mehr darum gehen, sich zu verkaufen, um einen Vertrag zu bekommen, sondern eine nachhaltig tragfähige und erfolgreiche Beziehung mit dem Unternehmen und dessen Schlüsselpersonen aufzubauen. Alles andere als Authentizität greift zu kurz und ist Zeitverschwendung. Dieser Schritt ist der Reality Check und eine gute Gelegenheit, auf Augenhöhe zu prüfen, ob es für beide Parteien die richtige und sinnvolle Wahl ist.


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