«Personalarbeit sollte altersunabhängig sein.»

Der Outplacement-Experte von Rundstedt hat auch 2020 gemeinsam mit HR Today eine schweizweite Arbeitsmarktstudie durchgeführt. An der Umfrage haben 791 Arbeitgeber und rund 1000 über 50-jährige Arbeitskräfte von kleinen, mittlerenund grossen Unternehmen verschiedener Branchen in der ganzen Schweiz teilgenommen. Wir haben Pascal Scheiwiller,CEO bei von Rundstedt, nach den wichtigsten Erkenntnissen gefragt.

Pascal Scheiwiller, CEO der von Rundstedt & Partner Schweiz

Was Arbeitgeber sagen ist häufig etwas anderes als das, was sie tun. Werden Ü50 tatsächlich gleichbehandelt wie Arbeitnehmende anderer Altersgruppen?

Pascal Scheiwiller: Grundsätzlich ja. Die vorliegenden Zahlen zeigen, dass Arbeitgeber sowohl in der Rekrutierung als auch in der Personalentwicklung und -planung nicht nach Alterskriterien vorgehen. Sie sind bemüht, den gleichen Massstab für alle zu verwenden. Es werden auf der einen Seite kaum Diskriminierungstendenzen festgestellt. Auf der anderen Seite scheuen sich Arbeitgeber aber auch vor speziellen Schutzmassnahmen oder Programmen für Ü50. Personalpolitik sollte grundsätzlich altersunabhängig sein. Überraschenderweise teilen die befragten Arbeitnehmenden diese Selbstdeklaration der Arbeitgeber. Auch sie erfahren und empfinden mehrheitlich keine Diskriminierung und fühlen sich als Ü50 nicht im Nachteil. Während die Einschätzungen von Arbeitgebern und beschäftigten Arbeitskräften recht kongruent sind, weicht die Meinung der befragten Arbeitslosen recht stark ab. Sie sehen in allen beleuchteten Bereichen viel stärkere Benachteiligungen. Das verdeutlicht, dass die Diskussion um Ü50 vor allem durch Betroffenheit und persönliche Erfahrungen geprägt ist. Das erklärt auch die grosse Polemik dieses Themas.

Wie zeigt sich die Diskrepanz zwischen Beschäftigten und Arbeitslosen?

Sie zeigt sich bei praktisch allen Fragen zur persönlichen Befindlichkeit. Zum Beispiel empfinden nur 29 Prozent der Angestellten ihr Alter als Nachteil im Arbeitsmarkt. Bei den Stellenlosen sind es 86 Prozent. Rund 62 Prozent der Angestellten fühlen sich in der Gesellschaft als Ü50 wertgeschätzt, während das nur bei 40 Prozent der Arbeitslosen der Fall ist. Altersbenachteiligung persönlich erlebt haben 47 Prozent der Angestellten schon einmal, während das bei den Arbeitslosen 88 Prozent sind. Wir sehen die sehr unterschiedliche Wahrnehmung aber auch bei den Fragen zu den letzten Arbeitgebern. So geben bei den Angestellten 58 Prozent der Befragten an, dass Ü50 in der Personalentwicklung gleich stark gefördert und berücksichtigt werden. Bei den Arbeitslosen glauben das nur gerade 19 Prozent.

Wie schätzen die Befragten die Arbeitsmarktlage allgemein ein?

Die Zahlen sprechen bei einigen Fragen eine klare Sprache. Eine Mehrheit findet, dass das Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer abnimmt und dass sich die Agilität negativ auf die Gesundheit der Arbeitnehmer auswirkt. Auch beklagt eine Mehrheit, dass die jüngere Generation zwar viel mehr fordert, aber nicht mehr leistet. Ausserdem gewinnt die Stellenmeldepflicht zunehmend an Zuspruch. Und einmal mehr kommt klar zum Ausdruck, dass Stellenvermittler schlecht mit Kandidatinnen und Kandidaten umgehen.

Sie haben die Umfrageteilnehmenden auch nach Personalentwicklungsmassnahmen in den Unternehmen befragt. Was können HR-Manager und Arbeitgeber aus den Resultaten lernen?

Wir sehen, dass in den Unternehmen in den letzten zwei bis drei Jahren viel passiert ist und Firmen auf die Herausforderungen der technologischen Transformation, der Beschäftigungsfähigkeit und des Generationenmanagements reagiert und einiges initiiert haben. HR-Manager müssen sich aber bewusst sein, dass viele dieser Anstrengungen und Aktivitäten von den Arbeitnehmenden nicht zureichend wahrgenommen und verstanden werden. Deshalb sollten sich HR-Manager in nächster Zeit vor allem darum kümmern, intern besser zu kommunizieren und Initiativen und Erfolge sichtbar zu machen. Ausserdem sollten sie sich nicht zu sehr von der öffentlichen Wahrnehmung leiten lassen, da die Diskussionen um die Altersdiskriminierung von einer Minderheit direkt Betroffener und deren persönlichen Erfahrungen geprägt sind.

Die wichtigsten Erkenntnisse für Ü50-Arbeitskräfte?

Es ist offensichtlich, dass sich das Altersthema in den Unternehmen zunehmender Sensibilität und Aufmerksamkeit erfreut. Diskriminierungstendenzen sind häufig eine Folge struktureller Gegebenheiten und nicht – wie manchmal vermutet – von Werten oder wirtschaftlichem Kalkül getrieben. Diese Erkenntnis sollte das gesunkene Vertrauen in die HR-Arbeit und die Arbeitgeber wieder stärken. Deshalb empfehle ich Ü50-Arbeitskräften, das Thema der Beschäftigungsfähigkeit und der Personalentwicklung proaktiv anzusprechen und alternative Karriereszenarien wie Bogenkarriere oder Mosaikkarriere mit HR und Vorgesetzten zu diskutieren. HR-Manager stellen ihrerseits nämlich häufig fest, dass von den älteren Ü50-Generationen weniger Initiative und Beteiligung ausgeht als bei jüngeren Arbeitskräften, wenn es um Weiterbildungs- und Mobilitätsprogramme geht.

Einladung zur Präsentation der detaillierten Resultate

von Rundstedt und HR Today präsentieren am 15. Oktober 2020 die detaillierten Umfrageresultate online und zeigen die Unterschiede in den Antworten der HR-Fachkräfte, der beschäftigten sowie der arbeitslosen Ü50-Arbeitnehmenden auf.

Whitepaper Resultate Download (PDF):


Bereits seit 1985 berät von Rundstedt Unternehmen und Einzelpersonen in Fragen rund um die Karriere und die Laufbahnentwicklung. von Rundstedt ist heute an 26 Standorten und mit mehr als 390 Mitarbeitern in Deutschland, Österreich und in der Schweiz tätig. Zur weiteren fokussierten Entwicklung der Geschäftstätigkeit in der Schweiz hat von Rundstedt 2014 die von Rundstedt & Partner Schweiz AG gegründet. Gerne beraten wir Sie an unseren neun Standorten in Basel, Bern, Genf, Lausanne, Lugano, Luzern, St. Gallen, Zug und Zürich. www.rundstedt.ch