Neues Generationenverhältnis – Erfolgsfaktoren eines radikalen Wandels

Edgar Spieler, Director Public & Innovation, von Rundstedt

Effektives Generationenmanagement verschafft Unternehmen handfeste Wettbewerbsvorteile. Es fördert die Motivation, verbessert die Produktivität und steigert die Innovation. Auch die Mitarbeitenden aller Altersstufen profitieren. 


Unternehmen fördern ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weniger aktiv in ihrer beruflichen Karriere und sind auch zurückhaltender darin, ältere Bewerbende einzustellen. Verschiedene Studien attestieren den Firmen eine eher passive Personalpolitik im Hinblick auf ältere Mitarbeitende. Gerade weil es sich bei den Älteren um eine Gruppe handelt, die in Unternehmen und im Arbeitsmarkt einen schwierigeren Stand hat, ist es sinnvoll, für diese Mitarbeitenden im Rahmen eines Age Managements spezifische Programme zu implementieren. Das Vorgehen und die Themen wurden im vorherigen Artikel «Management-Konzepte für ältere Mitarbei­tende» (siehe Ausgabe 3/25) beschrieben. 

Zunehmend wird es für die Unternehmen zum entscheidenden Erfolgsfaktor, dass nicht nur ältere Mitar­beitende, sondern alle Altersgruppen untereinander Akzeptanz und Wertschätzung erfahren – und dass die Zusammenarbeit bedürfnisorientiert und zugleich betriebswirtschaftlich sinnvoll organisiert ist. Der demografische Wandel und der sich akzentuierende Fachkräftemangel führen dazu, dass Unternehmen einerseits ältere Mitarbeitende so lange wie möglich halten und andererseits sowohl für die bestehenden als auch für die in den Arbeitsmarkt eintretenden jungen Arbeitskräfte attraktiv sein müssen. Generationen mit unterschiedlichen Werten und Arbeitsvorstellungen werden mehr gemeinsame Zeit im Unternehmen verbringen; sofern sich
der Trend, länger zu arbeiten, verstärkt. Die Digitalisierung und die künstliche Intelligenz (KI)führen zudem zu unterschiedlichen Arbeits- und Kommunikationsstilen der Generationen. 

Diese Vielfalt an Werten und Arbeitsformen kann für die Unternehmen mit einem besseren Kun­denverständnis, Innovation und einer hohen Produktivität verbunden sein oder zu Reibungsflächen, Konflikten und Demotivation führen. Das Ziel des Generationenmanagements besteht darin, die positiven Effekte der Diversität zu nutzen und gleichzeitig potenzielle Risiken zu minimieren. 

Das Generationenkonzept, seine Möglichkeiten und Grenzen

Doch was bedeutet es, mit einem Management-System Generationen zu adressieren? Und was sind die Möglichkeiten und Grenzen des Gene­rationenkonzepts? Generationen sind zunächst gemeinsame Alterskohorten, die einen Zeitraum von rund 15 Jahren abdecken. Aktuell sind vier Generationen in der Arbeitswelt: Die Babyboomer sowie die Generationen X, Y und Z. Das Lebensalter kann einen Einfluss auf die Wünsche zur Arbeits- und Karrieregestaltung, der Art des Lernens und auf weitere Themen im Arbeitskontext haben. Zudem verändern sich mit dem Lebensalter spezifische Fähigkeiten; zum Beispiel reduziert sich das Tempo der Informationsverarbeitung, während das Urteilsvermögen zunimmt. Allerdings ist aus der Forschung bekannt, dass die Unterschiede zwischen den einzelnen Individuen zunehmen, je älter die Alterskohorte ist.


Im Vordergrund dieses Projekts steht die grosse Umfrage innerhalb der HR-Community, um deren Einschätzungen und Ideen abzuholen. Die Umfrage wird international durchgeführt, um die Schweizer Verhältnisse mit anderen Ländern vergleichen zu können. Die Ergebnisse werden im Oktober in konsolidiert publiziert.

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Je nach Lebensphase können ausserdem unterschiedliche persönliche Belastungen für die Arbeit relevant werden und die Wünsche im Hinblick auf die Arbeits- und Karrieregestaltung prägen, wie zum Beispiel eine Ausbildung nebst der Arbeit, die Betreuung von Kindern oder die Pflege der betagten Eltern. Diese Effekte lassen sich in Zeiten unterschiedlichster Lebensentwürfe und des Trends zur Patchworkfamilie jedoch nur noch bedingt an bestimmen Alterskohorten festmachen. 

Eine Generation zeichnet sich vor allem durch gemeinsame Erfahrungen in den prägenden Jugendjahren im Hinblick auf Trends und Ereignisse in Wirtschaft und Technologie sowie Politik, Gesellschaft und Kultur aus. Daraus entstehen gemeinsame Werte, Arbeits- und Kommunikationsformen und entsprechende Erwartungen an den Arbeitgeber. In welchem Umfang Generationen sich diesbezüglich tatsächlich im Arbeitskontext unterscheiden, ist aus Sicht der Wissenschaft aber nicht eindeutig. Zudem können Generationeneffekte bei sehr internationalen Teams von kulturellen Faktoren überlagert werden. 

Die Grenzen des Generationenkonzepts bedeuten, dass Vorsicht geboten ist im Hinblick auf einzelnen Generationen zugeschriebene Stereotypen. Sein Potenzial entfaltet dieses Konzept, wenn die Unternehmen die ganz konkreten Bedürfnisse der verschiedenen Generationen und Alterskohorten bei ihren eigenen Mitarbeitenden erheben und berücksichtigen. 

Themen des Generationenmanagements

Diese Bedürfnisse können mittels Personalbefragungen, in Workshops oder Meetings identifiziert werden, um betriebswirtschaftlich robuste, für das Unternehmen nützliche Lösungen zu erarbeiten. Als mögliche Themen bieten sich an:

  • Arbeit und Zusammenarbeit: Welche Werte sind den einzelnen Generationen wichtig? Was ist bei der Arbeit und den Arbeitsbedingungen relevant? Welche Erwartungen bestehen an die Zusammenarbeit in den Teams und mit den Vorgesetzten? Wie wird die Zusammenarbeit mit den Generationen gesehen? Welche Zuschreibungen (Stereotypen) prägen die Wahrnehmung der verschiedenen Alterskohorten? Wo bestehen Konfliktpotenziale und bei welchen Themen könnten die Älteren und die Jüngeren mehr voneinander profitieren?
  • Arbeitsorganisation, Belastungs- und Entlastungsfaktoren, Infrastruktur: Welche Anliegen gibt es bezüglich Planung und Gestaltung der Arbeit? Was sind die Bedürfnisse in Bezug auf Arbeitszeit und Arbeitsort? Welche Themen der Work-Life-Balance bestehen in welcher Lebensphase? Was sind die Stressoren, die psychosozialen oder anderen Belastungen? Welche Entlastungsmöglichkeiten werden gewünscht? Wo gibt es spezifische Unterschiede nach Generation und Lebensphase? Und entspricht das Office-Konzept der eigenen Arbeitsweise? 
  • Personalentwicklung, Talent- und Wissensmanagement: Welche Formate und Lernmethoden werden bevorzugt? Was sind die Vorstellungen von Karriere, von beruflicher und persönlicher Entwicklung? Welche Unterschiede gibt es zwischen den Generationen oder in unterschiedlichen Lebensphasen? Zu welchen Themen und Innovationen sollte die Zusammenarbeit der Generationen gestärkt werden? Wie müsste diese Zusammenarbeit gestaltet werden? Wie kann der Austausch von Wissen und Erfahrung zwischen den Generationen effektiv gefördert werden? Und welche Strukturen und Formate sind dafür erforderlich?

Die Antworten zu diesen Fragen und die generationenspezifischen Unterschiede geben dem Unternehmen und seinen Führungskräften entscheidende Hinweise, wie sie eine generationensensible Führungskompetenz entwickeln können, mit der – entsprechend den verschiedenen Bedürfnissen – Wertschätzung und Anerkennung vermittelt sowie Entfaltungsmöglichkeiten und Mitwirkung ermöglicht werden. Das Engagement, die Employability und die Workability aller Mitarbeitenden sind besonders in Zeiten knapper werdender Arbeitsressourcen, rasanter Veränderungen und höheren Innovationsdrucks für die Unternehmen erfolgsentscheidend. 

Von einem engeren Generationenverhältnis profitieren auch die Mitarbeitenden aller Altersstufen. Bei den jüngeren Arbeitnehmenden steigt der Anteil derjenigen, die mit psychischen oder finanziellen Belastungen kämpfen und sich Gedanken um ihre Altersvorsorge machen. Ältere Arbeitnehmende, die länger arbeiten, ermöglichen nicht nur breiter abgestützte, kooperative Arbeitsbeziehungen; sie entlasten mit ihren Beiträgen auch die Altersvorsorge und tragen zu einer nachhaltigen Finanzierung des Rentensystems und intakten Perspektiven für die Renten der Jüngeren bei. Voraussetzung dieses neuen Generationenvertrags ist, dass Führungskräfte aller Altersstufen dies aktiv ermöglichen, indem sie auch Ältere einstellen und in ihren Entfaltungsmöglichkeiten fördern.


2025 lanciert von Rundstedt zusammen mit «HR Today» erneut eine grosse Studie zum Arbeitsmarkt. Im Fokus stehen die Erwerbstätigen 55 plus. Es soll aufgezeigt werden, wo konkret Herausforderungen bestehen und welche Lösungen tatsächlich etwas bringen. Dazu werden im Rahmen einer Vorstudie Kennzahlen und Studien analysiert.

Im Vordergrund steht jedoch die grosse Umfrage innerhalb der HR-Community, um deren Einschätzungen und Ideen abzuholen. Die Umfrage wird international durchgeführt, um die Schweizer Verhältnisse mit anderen Ländern vergleichen zu können. Die Ergebnisse werden im Oktober in konsolidiert publiziert.