Auswertung (September 2018)

«Ein paar Überraschungen vom Schweizer Arbeitsmarkt»

Der Outplacement-Experte von Rundstedt hat dieses Jahr gemeinsam mit HR Today eine schweizweite Arbeitsmarktstudie durchgeführt. An der Umfrage haben rund 500 HR Manager und Linienmanager aus ­kleinen, mittleren und grossen Unternehmen verschiedener Branchen teilgenommen. Wir haben Pascal ­Scheiwiller, CEO der von Rundstedt, nach den wichtigsten Erkenntnissen gefragt.

Welche Arbeitsmarkttrends haben sich abgezeichnet?
Pascal Scheiwiller: Sie sehen die Trends und deren Ausprägung in der abgebildeten Tabelle, wobei die Prozentzahlen dem Anteil der Teilnehmer entsprechen, die den Trend als wichtig einstufen.
Alle Trends werden für die Schweiz als wichtiger erachtet, als für das eigene Unternehmen. Das bedeutet, dass die öffentlichen Diskussionen und Berichterstattungen ein stärkeres Trendbewusstsein geschaffen haben, als die Teilnehmer im eigenen betrieblichen Umfeld erfahren. Daraus lässt sich schliessen, dass viele Trends kognitiv zwar erkannt werden, bei den Unternehmen aber nicht gleich stark angekommen sind. Aus der Detailauswertung lässt sich zudem herauslesen, dass die elf Trendbewegungen für grössere Unternehmen wichtiger sind als für kleine Firmen.

Was hat Sie bei der Auswertung persönlich am meisten überrascht?
Dass die Werte allgemein recht hoch sind. Und dass die «Hire-and-Fire»-Tendenz, die Abnahme der Loyalität sowie die Zero-Gap-Rekrutierungs-praxis nicht höher bewertet wurden, zumal die Fluktuation nachweislich steigt und die Verweildauer eines Mitarbeitenden im Unternehmen stetig sinkt. Ein Grund für diese relativ tiefen Werte ist der starke KMU-Charakter der Schweizer Firmenlandschaft. Bei den soeben genannten Trends haben wir einen besonders grossen Unterschied zwischen Gross- und Kleinunternehmen festgestellt.

Können Sie die wichtigsten Umfrageergebnisse zur Rekrutierungspraxis der Arbeitgeber zusammenfassen?
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Unternehmen fokussieren sich bei der Rekrutierung vermehrt nach aussen und schöpfen ihre internen Potenziale unzureichend aus. Es wird noch wenig in die interne Mobilität investiert.

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Bei der externen Rekrutierung sinkt die Wichtigkeit von externen Vermittlern wie Headhuntern oder Stellenvermittlern. Der aktive Vermittlungsmarkt verliert an Boden.

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Grossunternehmen schreiben die meisten zu besetzenden Stellen konsequent öffentlich aus. Der verdeckte Arbeitsmarkt spielt somit bei kleinen und mittleren Firmen eine wichtigere Rolle.

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Blindbewerbungen sind erfolgsversprechender als angenommen wird. So sammeln viele Arbeitgeber systematisch Blindbewerbungen und verwerten diese.

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Arbeitszeugnisse gelten allgemein immer noch als Muss und werden geprüft. Trotzdem vertraut nur etwa die Hälfte der Arbeitgeber deren Aussagen. Schlechte Arbeitszeugnisse sind somit vernichtend, gute Arbeitszeugnisse nicht sehr hilfreich.

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Persönliche Referenzen werden meist eingeholt. Die Hälfte der Arbeitgeber tut dies auch inoffiziell ohne Kenntnis des Kandidaten, was rechtlich nicht zulässig ist.

Werden ältere Arbeitskräfte (Ü50) auf dem Schweizer Arbeitsmarkt diskriminiert?
Es herrscht allgemein die Meinung, dass ältere Menschen in der Schweiz benachteiligt werden.
Die Zahlen in der Tabelle verdeutlichen, dass die Realität viel besser ist, als allgemein angenommen wird. So empfinden die Teilnehmer die vermeintliche Diskriminierung im eigenen Betrieb viel weniger stark. Die Massnahmen zum Schutz der Ü50 werden in der Umfrage jedoch unterschiedlich bewertet. Während die Mehrheit der Umfrageteilnehmer eine Berufslehre für Ü50 begrüsst, erachten nur 20 Prozent die im Juli 2018 eingeführte Stellenmeldepflicht als hilfreich und effektiv. Die meisten Vorurteile gegenüber älteren Menschen – etwa was deren Flexibilität, Umgang mit Veränderungen, IT Affinität oder Integrationsfähigkeit betrifft – teilt eine grosse Mehrheit der Teilnehmer nicht. Diese Erkenntnisse stimmen mich sehr zuversichtlich und positiv.

Ist der Fachkräftemangel tatsächlich so gravierend, wie die öffentlichen Diskussionen vermuten lassen?
Wir können auch beim Fachkräftemangel feststellen, dass dieser in der öffentlichen Wahrnehmung gravierender eingeschätzt wird, als die Teilnehmer diesen in der betrieblichen Realität erleben. Rund 60 Prozent der Antwortgebenden sagen jedoch, dass sie den Fachkräftemangel selbst erleben. Nebst den Berufsgruppen der Ingenieure/Techniker (61%) und der IT-Spezialisten (64%) überraschen mich vor allem zwei Berufsgruppen: die hohe Bewertung in der Forschung und Entwicklung (54%) und der sehr tiefe Wert im Bereich Finanzen und Controlling (16%). Erstaunlich viele Unternehmen versuchen, sich bei der Bekämpfung des Fachkräftemangels selbst zu helfen, indem sie in Employer-Branding-Massnahmen investieren (75 %).

Arbeitgebern wird häufig vorgeworfen, vorzugsweise Fachkräfte aus dem Ausland zu rekrutieren. Gibt es dazu Erkenntnisse?
Dass Arbeitgeber auch im Ausland rekrutieren ist klar, wenn sie die benötigten Fachkräfte im Inland nicht finden. Allerdings empfinden 86% der Teilnehmer die Rekrutierung von Fachkräften aus Drittländern als schwierig. Und eine schöne Botschaft zum Schluss: 79% der Befragten würden bei ähnlichen Profileigenschaften Schweizer Fachkräfte gegenüber ausländischen Fachkräften bevorzugen. Dies lässt den Schluss zu, dass der Inländervorrang auf «natürlichem» Weg funktioniert und es keine entsprechende staatliche Regulierung braucht.

 


Einladung zur Präsentation der Umfrageresultate mit anschliessender Expertendiskussion

von Rundstedt und HR Today begrüssen Sie am 13. September 2018 um 16.30 bis19.30 Uhr in der von Rundstedt-Niederlassung an der Kreuzbühlstrasse 20 in Zürich und stellen Ihnen die detaillierten Umfrageresultate vor, aufgeteilt nach Sprachregion, Unternehmensgrösse sowie Branche.

Im Anschluss daran findet unter der Leitung von HR Today ein Roundtable statt. Es diskutieren: Hans-Rudolph Castell (HR-Leiter Migros Gruppe), Boris Zürcher (Leiter Arbeitsmarkt beim SECO), ein Überraschungsgast sowie Pascal Scheiwiller (CEO von Rundstedt).

Melden Sie sich bitte bis spätestens zum 10. September an: zurich@rundstedt.ch.

 


Lesen Sie zum Auftakt die Arbeitsmarkttrends