Management-Konzepte für ältere Mitarbeitende

Edgar Spieler, Director Public & Innovation, von Rundstedt

Edgar Spieler, Director Public & Innovation, von Rundstedt

2025 lanciert von Rundstedt zusammen mit «HR Today» erneut eine grosse Studie zum Arbeitsmarkt. Im Fokus stehen die Erwerbstätigen 55 plus. Es soll aufgezeigt werden, wo konkret Herausforderungen bestehen und welche Lösungen tatsächlich etwas bringen. Dazu werden im Rahmen einer Vorstudie Kennzahlen und Studien analysiert.

Im Vordergrund steht jedoch die grosse Umfrage innerhalb der HR-Community, um deren Einschätzungen und Ideen abzuholen. Die Umfrage wird international durchgeführt, um die Schweizer Verhältnisse mit anderen Ländern vergleichen zu können. Die Ergebnisse werden im Oktober in konsolidiert publiziert.


Die älteren Mitarbeitenden bilden das grösste Potenzial an Arbeitskräften. Ein effektives Altersmanagement stärkt die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden und der Unternehmen.

Die Unternehmen interessieren sich sehr dafür, wie die Generation Z tickt; was ihre Bedürfnisse und Gewohnheiten sind und wie sie angesprochen werden kann. Professionelle Erklärer ihrer eigenen Generation werden engagiert und zahllose Artikel publiziert. Doch sind die Unternehmen ebenso gespannt auf die Generation X und deren Bedürfnisse und Gewohnheiten? Und ist es überhaupt richtig, dass Unternehmen sich für Generationen interessieren? Wäre es nicht wichtiger sich für eine differenzierte Wahrnehmung des einzelnen Menschen, der Mitarbeiterin und des Mitarbeiters sowie der Bewerberin und des Bewerbers zu engagieren?

Interesse und Offenheit der Führungskräfte

Studien zur Arbeitswelt im Kontext des demographischen Wandels zeigen, dass in den Unternehmen Vorurteile zwischen den Generationen bestehen und stereotype Zuschreibungen verbreitet sind. Jüngere Führungskräfte schätzen ältere Mitarbeitende und Bewerbende kritischer ein als gleichaltrige Vorgesetzte. Die Bereitschaft der Hälfte der älteren Mitarbeitenden, länger als bis zur Pensionierung zu arbeiten, wird zu wenig genutzt, weil der Dialog mit dem Arbeitgeber nicht oder zu spät stattfindet.
Managementkonzepte für ältere Mitarbeitende entfalten Wirkung, wenn es gelingt dem Tunnelblick der Klischees zu entkommen. Die Voraussetzung dafür ist echtes Interesse an den Sichtweisen, Themen und Bedürfnissen der Mitarbeitenden aller Altersstufen und eine kritische Auseinandersetzung der Führungskräfte mit ihren eigenen Stereotypen zu den verschiedenen Generationen, die sich auf ihr Führungshandeln überträgt. Diese offene Grundhaltung stärkt weitere Schritte im Altersmanagement, welche ihrerseits dazu beitragen können, Stereotypen zu relativieren und das Interesse besonders an älteren Mitarbeitenden fördern.


Konzepte und Lösungen der Arbeit­gebenden für Arbeit­nehmende 55 plus? Wir brauchen Ihre Meinung!

In den Unternehmen sind Konzepte zur Gewinnung, Entwicklung und Bindung älterer Mitarbeitender bis zur Pensionierung und darüber hinaus noch wenig verbreitet, obwohl bereits zahlreiche Ansätze bestehen, die sich für Arbeitnehmende 55 plus eignen. Die Lösungen umfassen ein Employer Branding, das gezielt auch ältere Mitarbeitende anspricht, sowie Rekrutierungsverfahren zur Entdeckung von Hidden Talents, die auch informell erworbene und transferierbare Fähigkeiten aufzeigen. Es bestehen Konzepte und Instrumente der lebenszyklusorientierten Personalentwicklung und des Generationenmanagements − um nur einige Beispiele zu erwähnen.

Gegenstand unserer Untersuchung und Umfrage wird auch sein, herauszufinden, welche Erfahrungen Unternehmen bereits heute mit Konzepten für ältere Arbeitnehmende machen. Warum führen andere Unternehmen solche Ansätze noch nicht ein? Sind sie an einem Fokus auf die Zielgruppe der älteren Mitarbeitenden interessiert? Welche konkreten Konzepte und Tools schätzen sie für das eigene Unternehmen als relevant ein?

Wir brauchen Ihre Meinung dazu! Die Umfrage wird Ende März lanciert. Verfolgen Sie das diesjährige HR-Research-Projekt auf www.research.hrtoday.ch und in «HR Today».

Nehmen Sie hier an der Umfrage teil


Standortbestimmung und Karriereplanung 50plus

Spätestens ab 50 sollten Mitarbeitende die Gelegenheit für eine Standortbestimmung erhalten und nutzen, um die eigene berufliche Laufbahn in den nächsten 15 Jahren aktiv zu gestalten. Es wird empfohlen, die Standortbestimmung inhaltlich breit auszurichten; von der Auseinandersetzung mit den eigenen Stärken, Schwächen und Skill Gaps, den eigenen Ressourcen und Belastungsfaktoren bis zu eigenen Bedürfnissen, Potenzialen und Entwicklungswünschen. Ein möglichst konkreter Karriere- und Entwicklungsplan stärkt die Umsetzung und das damit verbundene lebenslange Lernen.

Die konsolidierten Ergebnisse der Standortbestimmungen werden dem Unternehmen die grosse Bandbereite an Potenzialen und Möglichkeiten zur beruflichen Weiterentwicklung der Generation 50plus aufzeigen. Wichtig ist, dass die identifizierten Potenziale der älteren Mitarbeitenden konsequent genutzt werden. Dazu sollte das Verständnis von Karriere breiter definiert und das Talentmanagement 50plus entsprechend konzipiert werden.

Talentmanagement 50plus

Traditionelle Talentmanagement-Programme sind primär auf eine vertikale Karriere ausgerichtet. Ältere Mitarbeitende werden in der Regel nicht mehr in diese Programme aufgenommen; sie stossen an die Grey Ceiling. Ein professionelles Altersmanagement muss auf Altersfilter verzichten und älteren Mitarbeitenden die ganze Bandbreite von Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen eröffnen: Late careers sollen je nach individuellen Bedürfnissen und Potenzialen vertikal, horizontal, als Bogenkarriere (Abgabe von Verantwortung, Reduktion des Arbeitspensums), in Form einer Übernahme zusätzlicher Rollen und Aufgaben (Job Enlargement, Job Enrichment) verlaufen können.

Wenn die Karrierewege definiert sind, können die aus den Standortbestimmungen resultierenden Entwicklungspläne konkret formuliert und darauf aufbauend passende Förderprogramme entwickelt werden. Den älteren Mitarbeitenden soll abgestimmt auf die Ziele und Anforderungen des Unternehmens eine aus ihrer Sicht gelingende Karriere ermöglicht werden. Der für das Unternehmen erzielbare Nutzen ist kaum zu überschätzen: Es kann von fähigen und leistungsbereiten Mitarbeitenden bis zum ordentlichen Rentenalter oder darüber hinaus profitieren.

Fehlt diese aktive Förderung der beruflichen Laufbahn 50plus, erhöhen sich die Risiken, dass die Mitarbeitenden zu lange in der gleichen Funktion mit gleichbleibenden Aufgaben verbleiben. Die damit verbundenen Langjährigkeitsrisiken können von der Dequalifikation, der Demotivation bis zu gesundheitlichen Belastungen und schliesslich zur Frühpensionierung führen. Mit diesem Szenario wird das Vorurteil der weniger flexiblen und lernfähigen in der beruflichen Routine erstarrten über 50jährigen zur self fulfilling prophecy.

Rekrutierung 55plus und Lohnsystem

Wenn das Unternehmen seine Expertise in der Identifikation und Nutzung der Potentiale älterer Mitarbeitender entwickelt hat, lohnt es sich, das eigene Rekrutierungsverhalten zu überprüfen. Werden Altersfilter verwendet und wenn ja, warum? Wie sieht die Altersverteilung bei den Einstellungen aus, die in den letzten zwei, drei Jahren getätigt wurden? Welches sind für das Unternehmen gute Gründe, um gezielt Bewerbende 55plus einzustellen: Sind es die Vorteile der Altersdiversität für das Unternehmen und die Kunden, Schwierigkeiten passende Profile zu rekrutieren oder andere Argumente? Welche Befürchtungen sind damit verbunden? Gibt es Anforderungen wie z.B. Diplome, die nicht zwingend notwendig sind und ältere Bewerbende benachteiligen? Welche Skills sind entscheidend und ermöglichen, dass auch Hidden Talents identifiziert werden können. Welche Altersgruppen fühlen sich durch die Sprache der Inserate und weitere Aktivitäten des Personalmarketings angesprochen und welche nicht?

Auch das eigene Lohnsystem ist zu überprüfen. Legt dieses den Schwerpunkt eher auf Lebensalter und Erfahrung oder auf Kompetenz, Verantwortung und Leistung? Sofern das Unternehmen nicht einem Gesamtarbeitsvertrag angeschlossen ist, kann es autonom über das eigene Lohnsystem entscheiden und ein System der Honorierung wählen, das allen Altersgruppen vergleichbare Chancen zuteilt.

Retention Management 65plus

Wenn Mitarbeitende befragt werden, unter welchen Voraussetzung sie bereit wären länger zu arbeiten, werden jeweils folgende Punkte erwähnt: Eine sinnvolle Arbeit, die sie gerne machen, Wertschätzung und Anerkennung, Förderung und eine möglichst flexible Gestaltung der Arbeit in Bezug auf Aufgaben und Arbeitszeit.

Im Hinblick auf das Arbeiten nach der Pensionierung steigt zudem das Bedürfnis nach eigener Zeitsouveränität und damit die Wünsche der Mitarbeitenden nach flexibleren Arbeitsformen. Der Arbeitgeber kann entsprechend gestaffelte Pensionierungen, tiefere Teilzeitpensen, wiederkehrende befristete Arbeitseinsätze oder Arbeiten auf Abruf anbieten. Es ist wiederum entscheidend, dass das Unternehmen für sich den damit verbundenen Nutzen definiert; dies können der Erhalt von Know-how, die Weitergabe von Wissen, Rekrutierungsschwierigkeiten bei Fachkräftemangel oder auch kulturelle Gründe sein. Ergänzend zu diesen Ansätzen eines Bridge-Employments kann es sich auch lohnen, ein Alumni-/ Pensioniertennetzwerk zu betreiben. Oft haben Menschen nach einiger Zeit in der Rente wieder das Bedürfnis zu arbeiten und nach der mit der Arbeit verbundenen Sinnstiftung, Tagesstruktur und dem sozialen Austausch. Arbeiten in einem guten Betriebsklima positiv wirkt sich auch positiv auf die Gesundheit aus.

Welche Konzepte nutzt Ihr Unternehmen bereits, was ist geplant und was wäre wichtig? Teilen Sie Ihre Überlegungen mit uns und machen Sie an der Umfrage zu unserem HR Research 55plus mit.